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Der Schwarze Limbus    

2. Rahja im 54. Götterlauf nach Hal

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De mytho variabile magiculturæ

Was unsere geneigte Leserschaft in der letzten Ausgabe des Opus unter dem Titel "De natura magiculturæ" zu lesen bekam, war meines Erachtens ein Werk von solch bestechender Logik und formidabler wissenschaftlicher Vorgehensweise, dass ich dem Autor, Reiju Windfeder, hier selbst noch einmal zu seinem hervorragenden Traktat gratulieren möchte. Und auch wer nicht mit dem Inhalt dieses Artikels übereinstimmt, der muss doch zumindest die fachliche Kompetenz des Autors mit vor Neid erblassenden Augen anerkennen.

Welch Frevel an HESindes Gaben selbst wäre es also einen solch fundierten Artikel ohne eine Erwiderung zu belassen!

Der letzte Aufruf des adeptus Windfeder war jener zur Wahrung der Vielfalt - welchem ich denke schon alleine durch die freizügige Veröffentlichung vieler Artikel in dieser Postille nachzukommen - zur Respektierung des Mysteriums - zu welcher ich mich immer wieder erneut versuche durchzuringen, mich sogar, geprägt durch meine langjährige magie-wissenschaftliche Tätigkeit, oftmals dazu zwingen muss - und zur Erkenntnis über das Wesen der Magie. Und eben diesem Aufruf möchte ich versuchen in meiner nun folgenden Abhandlung so gut als möglich nachzukommen:

Eine Forschung über das Wesen der Magie (in den uns bekannten Matrices, ergo in unserer Welt) kann und muss gezwungenermaßen dorthin zurückführen, wo auch die Entstehung der Magie und damit ihres Wesens liegt: Nämlich zum Frevel Madas. Diesen Mythos um Madas Frevel, von dem es unzählige Varianten bei unzähligen Völkern und Kulturen gibt, will ich im weiteren näher beleuchten und untersuchen, um vielleicht auf diesem Wege dem Wesen der Magie etwas näher zu kommen. Und indem wir uns langsam dem Wesen der Magie annähern, werden wir unweigerlich auch denjenigen Wesen näherkommen, welche sich mit der Magie beschäftigen, sie formen, sie umwandeln etc., den verschiedenen kulturspezifischen Ausprägungen der Magie also.

Die/Der zerstörende Mada

Die ältesten Überlieferungen dieses Mythos lassen sich wohl bei den Nivesen, allen voran bei ihren weisen Schamanen, finden. Hier ist Mada der Sohn Væs, eines noch im flachen und unvorstellbar großen Land lebenden Menschen. Und als eines Tages Liska, die Himmelswölfin mit dem silbernen Auge, herabsteigt auf der Suche nach einem Lagerplatz, denn sie ist trächtig, da bietet ihr Væ den Platz seines Sohnes an. Doch dieser ist so sehr erzürnt darüber, dass er am nächsten Morgen zur schlafenden Mada hintritt und ihr die beiden Welpen stiehlt, welche ein Fell aus reinem Gold haben. Kaum aber hat Mada die Hütte verlassen, als die beiden Welpen auch schon kläglich zu wimmern beginnen, sodass Mada Angst bekommt entdeckt zu werden und beide erschlägt. Als Liska dies erblickt, da ruft sie ihre Geschwister zusammen und die Himmelswölfe ziehen allesamt rasend und tobend über das Land, welches von da an mit Bergen und Seen bedeckt ist und uneben. Die beiden toten Welpen aber legen sie auf einen silbernen Teller, welcher Nacht für Nacht am Himmel zu sehen ist als Warnmal für die Menschen.

In dieser Variante des Mythos steht Mada in einer langen und uralten Tradition. Wie zuvor bereits andere Teile der Schöpfung lehnt er sich gegen das von den Göttern, in diesem Falle von den Himmelswölfen, Geschaffene auf, indem er eine - die erste? - Sünde begeht. Für das heutige Verständnis vor allem der Nivesen, aber genauso aller anderen Menschen, bedeutet dies eine unüberwindbare Urschuld, derer man sich nicht entledigen kann und an die man von den strafenden Himmelswölfen durch das Madamal stets erinnert wird. Doch der wesentliche Aspekt dabei wird gerne übersehen: Die Auflehnung des Mada gilt dem von den Himmelswölfen Geschaffenen, der Welt, der Natur: flach und eben, ohne Grenzen, ohne Erhebungen, ohne Senken. Für die Himmelswölfe mag dies wohl eine perfekte Welt sein. Doch die Menschen sind in dieser Welt nicht frei, sie haben keine Möglichkeit gestaltend einzugreifen. Liest man den Mythos im Sinne des Mada (der stellvertretend für alle anderen Menschen und die Geschöpfe aller Rassen steht), so bedeutet die Beschreibung Eintönigkeit und Langeweile. Die Nivesen führen sicherlich ein entbehrungsreiches Leben und sind mit der Natur sehr nahe verbunden. Es muss also nicht verwundern, dass gerade bei ihnen ein Mythos überliefert wird, welcher auf den täglichen Kampf mit der Natur hinweist und ein Auflehnen dagegen beinhaltet.

Die/Der schöpferische Mada

Die nächste Variante des Mada-Mythos stammt von den Elfen. Als nämlich das Namenlose die Elfen in die Wirklichkeit dieser Welt zieht und die Elfen beginnen ihre Vorfahren als Götter (neben ihrem Allgott, der Natur) anzubeten, bringt Madaya, die Träumende, die letzte der Hochelfen, als einzige das Opfer ihre Wirklichkeit aufzugeben, um ihr Schicksal wieder selbst zu träumen. Madaya verbannt sich selbst ins Licht, um ihr Volk zu retten.

Diese Madaya begeht - ähnlich wie Mada in der nivesischen Fassung - einen Frevel wider die Götter und damit wiederum gegen das von ihnen Geschaffene. Dieses Mal jedoch bleibt ihr Tun nicht ohne Folgen: Sie träumt ihr Schicksal selbst weiter - und mit ihr alle anderen Elfen. Hier bleibt der Akt des Auflehnens nicht bloß eine trotzige Reaktion auf die unbezwingbare Natur, er geht über dies hinaus in einen schöpferischen Akt über, welcher es erlaubt die Natur (und somit sein eigenes Leben) selbst zu gestalten bzw. mitzugestalten. Dies muss auch umso weniger verwundern, je besser man sich mit der elfischen Magie auskennt und so weiß, dass jene über etliche Zauber verfügen, mit deren Hilfe sie die Natur umzugestalten vermögen. Durch Madayas schöpferischen Akt bekommen alle Geschöpfe ein Mittel in die Hand, mit dem es künftig möglich ist der Natur nicht mehr nur hilflos und trotzig auflehnend gegenüber zu stehen.

Die/Der gefesselte Mada

Mada, die Tochter HESindes und eines Sterblichen, fleht zu den Göttern, auf dass die Menschen selbst in der Lage seien ihr Schicksal selbst zu gestalten (zu träumen). Doch nur HESinde, PHEx und TSA erhören ihr Flehen und so vergeht sie aufgrund der Sinnlosigkeit ihres Unterfangens. Zum Zeitpunkt ihres Todes jedoch durchstößt ihr Geist die Sphären, wobei sich die Kräfte der Sterne mit denen Deres vermischen - die Zitadelle der Magie zerstört wird - und so die Magie nach Dere gelangt, mit deren Hilfe alle Geschöpfe von nun an ihr Schicksal selbst gestalten können, indem sie z.B. die Natur umformen. Doch PRAios straft Mada, indem er ihren Geist in einen Stein bannt und diesen auf den Himmel wirft, damit sie sehe, was sie angerichtet habe und gleichzeitig Mahnmal sei.

Die dritte und letzte Variante des Mada-Mythos vereinigt die beiden oben genannten und fügt zudem noch einen wichtigen Aspekt hinzu. Mada begeht hierin keinen direkten Frevel gegen die Götter selbst, wird aber dennoch von diesen bestraft. Und auch die Auswirkungen ihres Handelns sind weitreichender als in den vorangegangenen Varianten - mit der Magie steht den Menschen nun ein Macht zur Verfügung, mit deren Hilfe sie die Natur bewältigen und beherrschen können, die jedoch ebenso Verantwortung und bewussten Einsatz fordert. Die Geschöpfe erleben sich selbst zwar immer noch als bedroht durch die Natur, aber nicht als besiegt und machtlos, wie bisher.

Fassen wir also noch einmal zusammen: Zur Zeit des nivesischen Mythos (und auch teilweise heute in der nivesischen Kultur) waren die Geschöpfe solche, die sich von den Göttern verachtet glaubten und die ihre Existenz in einer ihnen feindlich gesonnenen oder von ihnen als feindlich erlebten Umwelt/Natur einem Frevel verdankten. Zur Zeit des elfischen Mythos (und auch sehr stark heute noch) waren die Geschöpfe solche, die ihr Bestehen oder Überleben in der Natur und das Umgestalten derselben einem Frevel (gegen die Götter sowie gegen die Natur selbst) verdankten; Geschöpfe also, die den Göttern gegen ihren Willen die Fähigkeit zur Bewältigung und besonderen Formung der Natur entwunden haben und deshalb die Rache der Götter fürchten müssen. Zur Zeit des menschlichen Mythos schließlich (und hierunter fällt zu großen Teilen die jetzige Situation) sind die Geschöpfe solche, die zum ersten Mal bewusst diese von den Göttern oder zumindest gegen ihren Willen gestohlene Gabe (die Magie nämlich) nutzen und nun wiederum in ihrem Sinne einsetzen.
Dies ist mein nicht geringer Anspruch an die Gildenmagie, den ich auch an mich persönlich stelle, denn dies sind unsere Wurzeln, derer wir uns stets bewusst sein müssen.

Großmeister Erilarion Androstaal

von: Philipp Schumacher
Erschienen in Opus no. 90 am 7.1.2001.

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