Leserbrief:
Ad De Mysteriis Filiarum et Filiorum Satuariae I - Mein lieber Tundar Hurlemanoff...
Werter Collegus Ambrosius,
Zunächst ist es an mir, Euch zu gratulieren. Ihr seid ja, wie ich dem
letztem Opus entnehmen konnte, nun zum Lehrmeister an der Academia Limbologica berufen
worden. Ich wünsche Euch in diesem Amt, daß Ihr stets den nötigen Weitblick und
Scharfsinn unter Beweis stellt. Möge H ESindes
Licht Euch stets sicher leiten.
Etwas erstaunt bin ich ob Eurer Forderung nach Satisfactio: Es wäre mir
gänzlich neu, daß Ihr von Stande seid! Da ich aber nicht annehme, daß Ihr dies bisher
verschwiegen habt, weise ich Euch hiermit auf folgendes hin:
Zuvörderst habt Ihr - genausowenig wie ich - das Recht Satisfaktion zu
fordern (sofern Ihr nicht doch Euren Titel verschwiegen hättet - was aber zumindest
leichtes Befremden auslösen dürfte, da dieser dann ja auch nicht bei Eurer offiziellen
Berufung zum Lehrmeister erwähnt worden ist). Insofern wäre dies ein Verstoß gegen die
Gesetze - und das würde dann doch Eure Glaubwürdigkeit in Frage stellen. Räumt Ihr mir
schließlich nicht einmal das Recht ein, Gesetze und ihre Anwendung in Frage stellen zu
dürfen - was ich so ja nicht einmal getan habe. Ich hatte ja lediglich kritisiert, daß
man die Intention des Zaubernden bewerten sollte und nicht die Art wie er seine Thesen
wirkt.
Secundo stünde mir, soweit ich in diesen Belangen bewandert bin, dann wohl - da Ihr die
Forderung gesprochen habt - die Wahl der Waffen, des Ortes und der Zeit zu, was sicherlich
nicht in Eurem Sinne sein kann.
Des weiteren möchte ich Euch doch in Eurem Interesse von solchen
Kindereien dringend abraten - Ihr könntet am Ende dabei ernsthaften Schaden nehmen und
auch die Akademieleitung will sicher (wo Ihr doch gerade erst Euren Lehrstuhl angetreten
habt) nicht nach einem Stellvertreter suchen müssen, bis Ihr wieder genesen seid. Denn
eines darf ich Euch versichern: Ein Gegner im Kampfe ist keineswegs so geduldig wie das
Papier auf dem Ihr Eure Traktate zu schreiben gewohnt seid.
Euch zu liebe will ich mich diesmal noch nicht provoziert sehen und
verzichte auch großzügigerweise auf eine öffentliche Entschuldigung. Ich nehme diese
Forderung einfach als nicht gestellt an.
Auch unsere Disputatio scheint mir inzwischen mehr und mehr zur
Zeitverschwendung zu verkommen. Ihr weigert Euch Tatsachen anzuerkennen und verdreht meine
Aussagen wie es Euch gefällt. Im gleichem Jahr, in dem Kaiser Hal spurlos verschwand
wurden meine Gefährten und ich Opfer dieses "Zauberzwanges". Wir versuchten
Hilfe zu bekommen wo immer wir vorbeikamen. Weder eine mächtige Dienerin Sumus namens
Gala noch der Vorsteher des Tempels der H ESinde
zu Gareth vermochten uns zu erlösen. Ja, der höchste Diener der weisen Göttin zu
Gareth, Meister Yitskok. Sinngemäß sagte er zu mir, er selbst wüßte nur drei Personen,
die in der Lage wäre uns zu helfen. Das sei zu einem der Zauberer der die Thesis wirkte
selbst, wobei das fraglich sei, da es leichter wäre den Zwang zu werfen als ihn zu
brechen. Die zweite wäre eine ihm bekannte Magierin und diese sei - da sie oft unterwegs
wäre - auch für jene schlecht zu erreichen, die sie zu rufen verständen. Bis heute bin
ich davon überzeugt, daß er damals von der legendären Nahema sprach. Die dritte jedoch,
so führte er aus, sei allein die Göttin selbst. Er versprach uns sodann uns in seine
Gebete einzuschließen und wir zogen weiter. Am Ende waren es dann wirklich die Götter,
die uns vor der Erfüllung der Aufgabe bewahrten. Das gehört jedoch nicht hier her! Seit
dieser Zeit habe ich nie wieder einen wirkenden "Zauberzwang" erlebt. Zwar habe
ich mich geraume Zeit danach sehr dafür interessiert und auch einige Töchter Satuarias
dazu befragt, ja sogar Antworten erhalten, doch selbst zu versuchen, einen Zwang zu
brechen konnte ich allein aus Mangel an Opfern schon nicht. Sogenannte Flüche hingegen
habe ich bereits einige gebrochen - wenn auch bisher noch kein permanent wirkender
darunter war - und noch mehr in Anwendung gesehen. Vielleicht solltet Ihr, werter Collegus
Ambrosius, der staunenden Fachwelt Eure - sicherlich modifizierte - Thesis des BEHERRSCHUNGEN BRECHEN vorstellen; damit könntet Ihr dem "Zauberzwang" seinen Schrecken
nehmen! Allerdings solltet Ihr - zumal Eure Formel einige Nachteile beim brechen von
Flüchen zu bringen scheint - Euch eines Demonstrationsobjektes versichern. Es könnte
sonst sein, daß Euch so niemand Glauben schenken mag, obwohl Ihr ja anscheinend eine
große Kapazität auf diesem Gebiet zu sein scheint! Immerhin gelingt Euch, was dem
Hochgeweihten der Allwissenden Göttin nicht gelang.
Ich bin es ehrlich gesagt leid
auf solch lächerliche Wendungen einzugehen, die Ihr vollführt. Auf der einen Seite
schreibt Ihr, daß es "anerkannte und in Auszügen sicherlich hervorragende
bereits existente Werke" über dieses Themengebiet gibt, im nächstem Augenblick
jedoch sind "die dort präsentierten Wahrheiten unvollkommen und
anzweifelbar", einen Absatz oberhalb behauptet Ihr "innerhalb des weit
verbreiteten Aberglaubens Wahrheit von Fiktion" scheiden zu wollen; bei den
Werken die teilweise so hervorragend sind, wollt Ihr dies dann nicht - mit der lapidaren
Begründung: "Denken will ich lehren, nicht Gedachtes". Da bleibt nur
zu hoffen, daß ein anderer Euren Schülern zeigt, über Gedachtes nachzudenken, um so zu
den richtigen Gedanken zu kommen. Da macht sich doch der Mherwedbock zum Schäfer!
Ihr dreht und wendet Euch wie es Euch paßt! In einem Artikel schreit Ihr entrüstet auf,
wie ich es nur wagen könne Euch zu raten mit einem Menschen zu reden "der noch
niemals eine Bibliothek von innen gesehen haben mag, ja vielleicht nicht einmal die
Fähigkeit des Lesens sich anzueignen vermochte", jetzt hingegen schreibt Ihr "Ich
achte die sogenannten Kinder Satuarias durchaus". Abgesehen davon, daß es in
dem letztem Zitat entweder "die sogenannten Hexen" oder aber "die
sich selbst Kinder Satuarias nennen" heißen müßte, was ich übrigens
bedauerlich finde (haftet doch dem Wort Hexe ein abwertender, fast beleidigender
Beigeschmack an) ändert Ihr Eure Aussagen gerade so an, wie Ihr es momentan für richtig
haltet. Wie die Fahne, die immer mit dem Wind weht.
Leider aber - Euch mag es ja anstehen Eure Meinung zu ändern - verdreht
Ihr ebenso meine Aussagen. Ich habe niemals den Codex Albyricus in Frage
gestellt. Sobald auch nur zwei Menschen zusammenleben, benötigt man Regeln. Auch die
Gemeinschaft der Magiekundigen benötigt diese. Ich behaupte lediglich, daß es möglich
sein muß, diese Regelungen zu hinterfragen und - so nötig - zu kritisieren. Beides
erscheint mir nicht ein Verstoß gegen die Gesetze zu sein. Des weiteren habe ich all jene
Gesetze und Vorschriften kritisiert, die nicht die Intention - also das Ziel des Zaubers -
sondern die Ausübung der Thesis betreffen. Zudem habe ich dies weiter eingegrenzt, indem
ich ebenfalls klipp und klar sagte, daß innerhalb einer engeren Gemeinde weitere
Einschränkungen angebracht sein mögen und explizit die Gildenregeln als für
Gildenmagier obligat dargestellt. Ich habe nur die Anwendung der Vorschriften der Gilden
auf nicht Gildenzugehörige als meiner Ansicht nach falsch dargestellt. Innerhalb des
gültigen Rechtssystems gibt es bereits Ausnahmeregelungen wie zum Beispiel die für Elfen
gültigen Gesetze oder aber die Lex Zwergica. Allein im Bereich der Magie wird in der
Rechtsprechung das "anders sein" nicht nur einfach nicht berücksichtigt,
sondern sogar unter Strafe gestellt.
Immerhin - scheint mir - verinnerlicht Ihr wenigstens meine Ratschläge.
Noch vor einiger Zeit sah ich den Anlaß gegeben, Euch zu raten, Eure Studierstube einmal
zu verlassen ohne gleich in die nächste Kaschemme zu gehen und Euch in der Welt
umzusehen; schon greift Ihr meinen Vorschlag auf und ratet mir das Gleiche zu tun.
Ausgerechnet der Collegus sagt dies zu mir, der noch vor einigen Briefen nicht einmal mit
"Hexen" reden wollte. Werter Collegus: Nehmt doch bitte zur Kenntnis, daß ich
nicht nur bereits mit Hexen gesprochen habe, sondern auch zu Gast auf einem ihrer Feste
war. Ich denke doch, daß ich da um einiges mehr an praktischer Erfahrung aufbringen kann
als Ihr! Und wenn ich Euch dann in einem öffentlichem Brief zu verstehen gebe, daß die
Macht die ein Zirkel entfalten kann, wohl ähnlich steigt wie uns dies vom Unitatio her
bekannt ist, so könnt Ihr mir getrost glauben, daß ich es nicht nötig habe mein Wissen
rein aus "schlauen Büchern" zu gewinnen, geschweige denn mir einen Band
"Was glaubt das Volk" auf einem stillem Orte durchzulesen um dann solche Dinge
zu verbreiten. Auch mit Eurer flapsig hingeworfenen Aussage über Hexenkessel wäre ich an
Eurer Stelle vorsichtig. Diese Kessel sind in der Tat mächtige Artefakte - allerdings
gehören sie nicht einer einzelnen Hexe; sie werden vielmehr vom gesamten Zirkel
erschaffen und auch genützt. Eine wichtige Bedeutung scheint diesen Behältern vor allem
auf den halbjährlichen Treffen zuzukommen. Hier dienen sie wohl als notwendiger
Ritualgegenstand, wenn es darum geht die Flugfähigkeit der einzelnen Töchter Satuarias
sicherzustellen.
Ich verbleibe mit der Hoffnung, daß sich Eure geplante Beitragsreihe als
sachlicher und distanzierter erweist und die Substitutio des Wortes geplante
durch das Wort angedrohte nicht nötig ist.
Mit kollegialen Grüßen,
Thundar Hurlemanoff
Absolvent der Academia Arcomagica
Scholaque Arcania Puniensis
- zur Zeit auf Reisen -
Post bitte an: elementarist@geocities.com von: Florian Kreuzinger Erschienen in Opus no. 17 am 9.5.1999 als Reaktion oder Fortsetzung zu De Mysteriis Filiarum et Filiorum Satuariae I - Mein lieber Thundar Hurlemanoff....
Zu diesem Artikel erschien folgende Reaktion oder Fortsetzung: Versuch einer gütlichen Einigung.
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